Aktionismus treibt mitunter skurrile Ideen aus. „Nicht schon wieder!“, denkt man da oft, wenn derartige SPD-Vorstöße die Kreisebene erreichen. Aktueller Höhepunkt einiger nicht zu Ende gedachter,
aber schon mal als Schnellschuss eingereichter Anträge: Das Schaffen einheitlicher Standards für Schulbegleiter.
Auf den ersten Blick, so scheint es, liegt so etwas im Vernunftbereich. Denkt man dann jedoch mal drüber nach, wird daraus Verärgerung und es ergeben sich folgende Fragen:
Wie kann man einem Begriff, der rechtlich nicht erfasst ist und keiner formalen Definition oder Struktur unterliegt, Standards zuordnen?
Sollen Kinder, die aufgrund verschiedener und mitunter höchst individueller Problemlagen von Verhaltensauffälligkeiten über körperliche Einschränkungen bis hin zu Lernschwächen, nun nicht nur
einheitlich beschult, sondern auch noch einheitlich betreut werden? Wie soll das gehen? Während das eine Kind nur Hilfe beim Zubinden der Schuhe und beim Busfahren benötigt, braucht das
andere Kind vielleicht eine pädagogische Ansprache oder pflegerische Maßnahmen. Wie soll man dies in einem einheitlichen Standard ausdrücken? Da müsste man ja ein völlig neues Berufsbild mit
entsprechender „Allround-Kenntnissen“ mit Anteilen aus Heil/Sonderpädagogik, Pflege und allen möglichen in Frage kommenden Berufsgruppen schaffen.
Eine andere Frage:
Muss man das überhaupt in einem einheitlichen Standard ausdrücken, oder kann man den Eltern durchaus weiterhin die nötige erzieherische Kompetenz zutrauen, aus einem Pool an
Schulbegleitern/Integrationshelfern denjenigen auszuwählen, der bereits die nötige Qualifizierung für den Einzelfall aufweist? Denn das ist ja schon möglich und bedarf auch keiner
gesonderten Regelung.
Einzige allgemeingültige Voraussetzung an einen Schulbegleiter/Integrationshelfer kann also ein Höchstmaß an Flexibilität und Anpassungsfähigkeit an situative Herausforderungen und an das Kind
sein. Dies sind aber persönliche Fähigkeiten einer Person und unterliegen keinen messbaren Kriterien und daher keinen beschreibbaren Standards.
Die Rot-Grünen Gleichmachereien auf Landesebene erhöhen die Kreisumlage vor Ort mit. Eine Forderung, wie oben angesprochene Professionalisierung und Vereinheitlichung der
Schulbegleiter hat ja auch meistens ein „finanzielles Nachspiel“. Dazu mal ein kleines Rechenbeispiel, nachzulesen im laufenden Kreishaushalt:
Aktuell gibt es kreisweit 168 Schüler, die einen Integrationshelfer benötigen. Ein Integrationshelfer wird im laufenden Haushalt des Kreises Lippe mit durchschnittlich 1230 € im Monat
abgerechnet. Dieser Betrag setzt sich aus verschiedenen Komponenten wie Lohn- und Verwaltungskosten, je nach Qualifikation des Schulbegleiters/Integrationshelfers, zusammen. Der Kreis Lippe ist
als Träger der Leistungen nach SGB VIII (über Jugendhilfe) oder SGB XII (über Hilfen bei Behinderung) zur Kostenübernahme verpflichtet.
Rechnen wir mal überschlagsweise 168 mal 1230 € mal 12 Monate, so kommen wir auf rund 2,4 Millionen Euro! Und das bereits ohne eine überflüssige Standardisierung, der
zwangsläufig eine höhere Lohnentwicklung folgen würde. Das Land NRW erstattet davon einen Kostenanteil von nur rund 176 Tausend. Der Rest wird vom Kreis Lippe, und das bedeutet
auch über die Kreisumlage der Städte und Gemeinden, mit übernommen.
Quo vadis Inklusion? Wenn man nun mal überlegt, dass dieser Betrag für eine kleine Gruppe von 168 Personen aufgebracht wird, darf man auch mal fragen ob dafür ein entsprechender
Mehrwert für die Kinder erzielt wird. Inklusion kann gut sein. Muss es aber nicht in jedem Fall.
Ein exemplarisches Beispiel:
Ein Kind wird an einer Blomberger Grundschule inklusiv beschult. Früher bekam dieses Kind an einer Förderschule mit seinen vollen Schulstunden eine Förderung mit dem
erklärten Ziel, an eine Regelschule überzugehen. Nunmehr wird dieses Kind an einem Tag in der Woche vor Ort in seiner Grundschule 2 Stunden (übrigens sozusagen „exkludiert“
in einem Sonderunterricht!) von einem Förderschullehrer aus Barntrup kommend „individuell gefördert“. Und 30 Stunden von einem Integrationshelfer ohne Förderung begleitet. Eine daran
anschließende Forderung nach einheitlichen Standards für Schulbegleiter kann man da schon, zumindest teilweise, unter den Verdacht stellen, den heute schon überforderten Klassenlehrern in der
inklusiven Zukunft „billige“ Hilfslehrer zuordnen zu wollen, die dann nicht mehr das Land, sondern der Kreis bezahlen muss.
Man fragt sich, was solch eine Forderung bezwecken soll. Ist sich die SPD in Lippe nicht im Klaren darüber, dass bei der praktischen Umsetzung solcher Forderungen dann für die ohnehin
klammen Städte und Gemeinden zwangsläufig auch die Kreisumlage weiter steigen wird? Oder soll hier vor Ort „große rot-grüne NRW-Landespolitik“ zu Lasten der Bürger Lippes ausgestaltet
werden?
Da kommen Zweifel an einer Loyalität der SPD-Lippe zu Lippes Kommunen und Bürgern auf und lassen daran anschließend die Frage entstehen, ob die aktuelle SPD-Führungsspitze überhaupt
willens und in der Lage ist, Lippes Interessen im bei der Landesregierung in NRW zu vertreten.
Insgesamt wünschen wir uns als CDU in Lippe Vielfalt, und ja, auch inklusive Vielfalt. Aber nicht durch Einfalt.